Fragmente đ§ââïž Mai 2022
Hallo đ
Schön, dass du mit mir auf den Mai zurĂŒckblickst.
Durch Hamburgs Gassen spazieren. Menschen verlassen strahlend BlumenlÀden und Eisdielen. Die Sonne blendet und ich kneife die Augen zu. Zeit mit Freunden. Essengehen und SpielplÀtze unsicher machen. Apfelkuchen. Lesen auf dem Balkon. Und endlich wieder Konzerte.
Wie wichtig diese Momente sind. Mit mir und gemeinsam mit Anderen. Gegenseitig fĂŒreinander. Und Erwartungen warten lassen. đ€
Ich mag Menschen. Mag ihnen zuhören und mit ihnen diskutieren. Lachen. Nachdenken. Schweigen. Doch ich bin nicht gut in neuen Umgebungen mit unzĂ€hligen fremden Gesichtern. Mag keinen Smalltalk und die immer gleichen Fragen. Netzwerken oder so. Freue mich deshalb umso mehr, wenn bei Konferenzen und Veranstaltungen dieser kleine geschĂŒtzte Raum entsteht. Auf der Dachterrasse oder am Seitenausgang.
Nach vielen Monaten, in denen Videokonferenzen und SpaziergĂ€nge mit einzelnen Menschen der Alltag waren, hat der Mai mich wieder mehr in die beschriebene ZwickmĂŒhle geschubst. Hab in kleiner Runde beim New Leaders Forum ĂŒber Haltung in der Medienbranche diskutiert. Und festgestellt, dass ich ein groĂer Freund von konstruktivem Journalismus bin. Mag Geschichten ĂŒber Menschen, die Dinge anders gemacht haben. Es gibt genug Schreckensnachrichten und erhobene Zeigefinger.
Beim Abschluss des Journalism Innovators Program der Hamburg Media School ging es ebenfalls um Experimente. Sechs Monate haben die Teilnehmenden verschiedene BedĂŒrfnisse ĂŒber Medienformate versucht zu adressieren. Dabei ging es viel um Perspektivenwechsel. Sei es bei Verschwörungstheorien oder arabisch-deutschen Freundschaften. Hab gelernt, wie komplex andere MedienhĂ€user sind. Wie sehr Journalismus auf das Format blickt und dabei das GeschĂ€ftsmodell aus den Augen verliert. Und wie (unbewusst) geschlossen manche Branchen und Blasen sind.
Und auf der OMR22 war ich hauptsĂ€chlich ĂŒberfordert. Zu viele Menschen. Zu wenig Masken. Von Halle zu Halle treiben â und irgendwie das GefĂŒhl bekommen, ich kann es alles gar nicht verarbeiten. Mir fehlte es an Substanz. Ein bisschen wie beim Web Summit. Alles eine groĂe Party. Und ich wunderte mich, wie eng Inhalt und Werbung auf diesem Festival verwoben waren. Zwei Tage, die sich wie der TikTok-Stream anfĂŒhlten. Mit schönen Ăberraschungen wie einer Fahrt auf den Hamburger Fernsehturm oder zufĂ€lligen Begegnungen mit alten Kolleginnen. Hab groĂen Respekt vor der Organisation â aber fĂŒr mich entschieden: ich bin lieber auf kleinen Veranstaltungen. Mit klarem Themenfokus. (Freue mich ĂŒber Tipps!)
Der Juni wird jedenfalls ruhiger. Das hab ich mir selbst versprochen. đ
Ruhe wĂŒnscht sich bestimmt auf Fynn Kliemann. Seitdem Jan Böhmermann und das ZDF Magazin etwas tiefer gegraben hat, blicke ich nochmal anders auf Influencer. Vor allem dann, wenn sie lautstark fĂŒr das Gute kĂ€mpfen (âSinnfluencerâ). Hab ĂŒber meinen schmerzhaften Vergleich mit Fynn Kliemann bereits geschrieben. Ăber den Druck, den seine Projekte bei mir ausgelöst haben. Sehe jeden Tag neue Gesichter in den Streams, die mir das GefĂŒhl geben, dass ich zu wenig mache. Dass da noch mehr VerĂ€nderung geht. Noch mehr Haltung. Doch schaut man hinter die Fassade, ist alles nicht so glĂ€nzend wie man vermuten könnte. âDas war doch klar!â spottet die eine Stimme in mir. âAber du magst es trotzdem glauben!â sagt die Andere. Vielleicht ist es der Wunsch nach Orientierung in komplexen Momenten. Ich wĂŒrde mich gerne irgendwo orientieren. Wie ein Spickzettel, der Entscheidungen einfacher macht. Leider gibt es den nicht. Denn am Ende geht es da drauĂen um Aufmerksamkeit. Um teilbare Ansichten. Und somit Reichweite und Geld. Die Plattformen aber auch ihre Content Creator scheinen in einer Spirale zu stecken.
But the hype around the creator economy, of course, focuses only on the potential financial rewards. When a hobby turns into a business, fuzzier, more personal success metrics often give way to cold, hard numbers.Â
Investoren stecken Geld in immer schneller wachsende Unternehmen. Diese mĂŒssen noch schneller zulegen. Noch mehr Menschen ansprechen. Also greifen sie nach Zeit. Wie die grauen MĂ€nner. Es ist eine Addicition Economy. Alles wird zum Spiel. Kleine Handlungen werden belohnt. Wir fĂŒhlen uns gut. NĂ€chste Runde. NĂ€chste Stunde.
Wie schön wĂ€re es, wenn die Zeit wieder als das Gesehen wird, was sie ist. Ein wertvolles Gut. Keine Kennzahl in Investorenberichten. QualitĂ€t statt QuantitĂ€t liest sich gut â ist aber gar nicht so einfach. Laut, bunt und schnell gewinnt in dieser Zeit. Der Markt bekommt Angst, wenn er nicht wĂ€chst.
Die Machthabenden wollen Geld â itâs always been like that. MĂ€rkte und Handel an sich sind nicht das Problem; es sind die daraus resultierenden, kaum regulierten Praktiken: KĂŒnstliche Verknappung, erzwungenes Wachstum und finanziell motivierte politische Entscheidungen sind der Kapitalismus, der uns von innen heraus aushöhlt.
Vielleicht eine der beeindruckendsten Dokumentationen zu diesem Thema ist Oeconomia. Sie beschreibt, woher Geld kommt. Warum wir immer mehr davon drucken. Und wie gut uns allen Ruhe tun wĂŒrde. Nicht nur Fynn. đ§ââïž
Aha zum Schluss: Hast du dich schon mal gefragt, warum die StĂŒckchen bei fairer Schokolade so unterschiedlich sind? Und warum sie gar nicht quadratisch-praktisch sein wollen? Sie sollen die Ungleichheit innerhalb der Schokoladenindustrie aufzeigen. Wusste ich nicht. WeiĂ ich jetzt.
Ich wĂŒnsche dir einen schönen Juni! đ«
Schreib mir, wenn du magst. Ich wĂŒrde mich freuen.
Hab einen schönen Juni âïž
Andreas